§§ 10a, 79 bis 99 EStG und Altersvermögensgesetz (AVmG)

Nichts ist vollkommen auf dieser Welt mit der Ausnahme der Beitragserhebung in der SV und der Riester-Rente (seit 2002). Problem ist nur: Wer soll das komplizierte Förderwerk verstehen?  Im folgenden nähern wir uns dem Verständnis der Sache etwas an:

Ein ‚Riester‘-Vertrag hat folgende Bedingungen zu erfüllen:

der Anbieter muss das eingezahlte Kapital garantieren (sog. ‚0-Prozent-Zusage‘);
der Vertrag mit dem Anbieter muss vierteljährlich kündbar und das Kapital dann auf einen anderen Anbieter übertragbar sein; die Wechselkosten muss der Anbieter von Anfang an nennen;
der Vertrag darf nicht beliehen oder übertragen werden; einzige Ausnahme einer Übertragung: nach Tod eines Ehepartners ist Übertragung des Kapitals auf den Riester-Vertrag des hinterbliebenen Partners möglich;
das Kapital ist als gleich bleibende Rente auszuzahlen, wenn der Sparer 60 Jahre alt ist oder eine Rente aus der gesetzlichen RV erhält (Ausnahme: zur Finanzierung eines Eigenheims ist eine zeitweise Entnahme des Kapitals möglich);

Wie Sie mit dem Zulagenrechner (Start aus der Schnell-Auskunft) leicht sehen können, gibt es für die Altersvorsorgebeiträge ‚satte‘ Zulagen oder alternativ eine Steuerersparnis, die mindestens den Zulagen entspricht. Wie kommt’s, ‚Riester‘ hat doch eigentlich nichts zu verschenken?

Grundgedanke ist folgender:

Zulage/Steuerersparnis bedeutet, dass der Staat die heutige Beitragszahlung nicht der Einkommensteuer unterwirft. Im Gegenzug dafür, dass der Teil des Einkommens, der heute für die Altersvorsorge aufgewendet wird, nicht der Steuer unterliegt, werden die Beiträge in der Auszahlungsphase, also ab dem 60. Lebensjahr, versteuert (sog. ‚nachgelagerte Versteuerung‘): Wer für die Altersvorsorge Teile des Einkommens zurücklegt, sollte erst dann diesen Teil des Einkommens versteuern müssen, wenn er auf das zurückgestellte Einkommen zugreift. Nebeneffekt: Im Alter ist der Steuersatz aufgrund niedrigerer Bezüge geringer als in der Phase des Erwerbslebens, oft ist der Steuersatz dann Null.  Die Steuerbefreiung ergibt unter dem Gesichtspunkt der Steuersystematik und Steuergerechtigkeit sehr viel Sinn.

Durch die Zulagen wird erreicht, dass auch bei denen Förderung ankommt, die aufgrund geringen Einkommens keine Steuerersparnis hätten. Zweitens enthalten die Zulagen vor allem eine Förderung von Kindern:  Im Umlageverfahren hängt nach weit verbreiterter Auffassung die Aufbringung der Rente davon ab, dass es in der nächsten Generation eine ausreichende Zahl erwerbstätiger Beitragszahler gibt (Anmerkung für den historisch Interessierten: die Einführung eines Umlageverfahrens ist kein Naturgesetz, wird jedoch dann unausweichlich, wenn durch Krieg das Vermögen einer Volkswirtschaft vernichtet wurde. Insofern können die umlagebedingten Finanzierungsprobleme zumindest teilweise als Spätfolge der politischen ‚Abenteuer‘ in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts verstanden werden).

Die pauschale Aussage:  ‚Riester-Rente lohnt sich für kinderreiche Familien mit niedrigem Einkommen‘  ist richtig, denn sie erfasst die beiden im vorstehenden Absatz genannten Förderelemente, die unabhängig von einer Steuerersparnis wirken.

Eine andere Frage ist, ob nicht auch für andere Gruppen – Verheiratete ohne Kinder, Singles mit überdurchschnittlichem Einkommen – Vorteile aus der Riester-Rente entstehen, wenn auch weniger als für eine kinderreiche Familie. Berechnungen der Stiftung Warentest kommen zum Ergebnis, dass dies so ist und das kann auch nicht überraschen: der steuersystematische Vorteil wirkt sich in aller Regel positiv aus.

Woher kommt die Skepsis gegenüber der Riester-Rente? Antwort: Die Rendite ist nicht alleiniges Kriterium. Die restriktiven Bedingungen der Riester-Rente müssen bedacht und akzeptiert sein: das Kapital ist nicht frei verfügbar, nicht beleihbar, nur bedingt vererbbar, bei ‚schädlicher Verwendung‘ ist die gesamte staatliche Förderung zurückzuzahlen (ein Beispiel: Verlagerung des steuerlichen Wohnsitzes nach Mallorca). Die Art und Vielzahl der Regelungen machen eine allgemeine und/oder klare Aussagen zur Riester-Förderung kaum möglich: Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls und die Verhältnisse im Zeitablauf an.

Fazit

Der Begriff ‚Riester-Rente‘ verkürzt den Sachverhalt. Wenn aus den Sparverträgen Rente gezahlt wird, gibt ‚Riester‘ nichts dazu, sondern nimmt (steuersystematisch ist dies stimmig).  Zweitens stammen die Rentenmittel nicht von ‚Riester‘, sondern vom Beitragszahler, allerdings mit der staatlich gewollten strukturellen Förderkomponente für kinderreiche Familien mit niedrigem Einkommen über die Zulagen. Für alle anderen bleibt die Steuerfreistellung in der Ansparphase (Abzug als Sonderausgabe). Die angesparten Mittel werden ‚verrentet‘, ‚Riester‘ traut dem Bürger/Sparer – zu Recht? –  eine voll-eigenverantwortliche Verwendung der Mittel nicht ganz zu.

Die Riester-Rente ist zunächst einmal ein privates Instrument der Altersvorsorge und nicht zwingend an betriebliche Vorgänge gebunden, außer dass der Sparer oder der Ehepartner in der Rentenversicherung pflichtversichert sein muss.  Da die Förderung in den Jahren 2002 und 2003 mit geringen Beträgen anläuft (siehe die Abfolge im Rechner), hat derzeit noch nichts verpaßt, wer noch keinen Vertrag abgeschlossen hat.

Eine Verknüpfung der Riester Rente mit betrieblicher Altersvorsorgung verringert die Flexibilität weiter (Entnahme für Eigenheim ist dann nicht möglich)